KLASSIK
C D s
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NEUES AUS
DER MUSIKWELT
Georg P hilipp Telemann
SUITE A-MOLL, DOPPELKONZERTE
D o ro th e e O b e rlin g e r, E n se m b le 1700
D H M /S o n y CD (74 )______________
Johann Sebastian Bach
BRANDENBURGISCHE KONZERTE
H o fk a p e lle M ü n c h e n , R ü d ig e r L o tte r
D H M /S o n y 2 CDs (8 8 ')________________
Gäbe es ein Ranking der zurzeit in
Tonstudios und Konzertsälen meist-
beschäftigten Musiker Deutsch-
lands, würde die Blockflötistin Do-
rothee Oberlinger mit Gewissheit ei-
nen der vorderen Plätze einnehmen.
Erstaunlicherweise schafft sie es,
diese Omnipräsenz nicht auf Kos-
ten der Qualität gehen zu lassen,
wie auch die beiden jüngsten Pro-
duktionen zeigen, an denen sie be-
teiligt ist.
Mit ihrem eigenen Ensemble 1700
hat sie sich wieder mit Telemann
befasst. Dieses Mal sind es Instru-
mentalkonzerte, und zwar, von der
a-Moll-Suite abgesehen, solche, in
denen die Blockflöte in einen leb-
haften Dialog tritt mit anderen Ins-
trumenten wie Fagott oder Violine.
Dorothee Oberlinger, ihre Kosolis-
ten und ihr Ensemble nehmen jede
Faser dieser Musik ernst und schaf-
fen so Interpretationen mit Vorbild-
charakter. Wunderbare Kontraste
entstehen, etwa im e-Moll-Konzert
zwischen dem langsamen Satz und
dem mit Orientalismen durchsetz-
ten Finale. Virtuose Bravourleistun-
gen in den Soli und ein kongeniales
Miteinander in den Tutti prägen die-
se Produktion, und es verwundert
nicht, dass auch die zweite hier zur
Diskussion stehende Neuerschei-
nung ebendiese Tugenden aufweist,
denn das agierende Personal hat
größere Schnittmengen.
Rüdiger Lotter, Oberlingers Kon-
zertmeister, hat mit seiner Hofka-
pelle München Bachs „Brandenbur-
gische Konzerte“ neu aufgenom-
men und dafür prominente Mitwir-
kende gewinnen können: Neben
Dorothee Oberlinger sind das Leu-
te wie Hille und Marthe Perl, Mar-
tin Sandhoff oder Florian Deuter.
Starke Solo- und Ensembleleistun-
ge nicht alles gesagt ist. Lotters In-
terpretationen dieser Klassiker at-
men den Geist unserer Zeit und las-
sen sich mühelos an den Leucht-
turm-Produktionen vergangener
Jahre messen. Im Schlusssatz des
dritten Konzerts etwa kommt die
Hofkapelle fast an das atemberau-
bende Tempo der legendären Mu-
sica-Antiqua-Köln-Aufnahme he-
ran, besticht aber selbst in diesem
rasanten Parforce-Ritt durch enor-
me Präzision. Die Tempi sind auch in
den Ecksätzen der anderen Konzer-
te eher straff, und es erstaunt ein-
mal mehr, welche Virtuosität die Ba-
rock-Instrumentalisten unserer Ta-
ge auf ihren alten Gerätschaften zu-
stande bringen. Der langsame Satz
des vierten Konzerts mit Dorothee
Oberlinger und Lorenzo Cavasanti
als Solisten oder das Gambenkon-
zert mit Mutter und Tochter Perl -
man weiß gar nicht recht, was man
als musikalischen Höhepunkt die-
ser Produktion herausstellen soll.
Beide CD-Veröffentlichungen stel-
len auch technisch höchste Ansprü-
che zufrieden.
Arnd Richter
MUSIK (BEIDE) ★
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KLANG (BEIDE) ★
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Felix Mendelssohn
KAMMERMUSIK V O L .}
M a n d e lr in g - Q u a r te tt, Q u a r te tto d i C re m o n a
A u d ite /E d e l SACD
(7 4 ')
Mit dem dritten Teil seiner Men-
delssohn-Gesamtaufnahme setzt
das Mandelring-Quartett den Weg
weiter fort, den es bereits in den
beiden ersten Folgen eingeschla-
gen hat. Das Ensemble offenbart
das innere Feuer der Musik - und
korrigiert damit das Bild des ver-
meintlich onkelhaft schreibenden
Komponisten, wie es der Zyklus op.
44 nahezulegen scheint.
Gerade das Quartett op. 44,3 ist
geradezu demonstrativ klassisch
angelegt. Aber das betrifft vor al-
lem die äußere Form, in der die
Freiheiten der frühen Quartette zu-
rückgenommen sind. Was sich in-
nerhalb dieses konservativ anmu-
tenden Rahmens abspielt, ist je-
doch alles andere als brav. Zumin-
Wo fgang Amadeus M ozart
KLARINETTENKONZERT U. A.
M a r tin F rö s t, D e u ts c h e K a m m e rp h ilh a rm o n ie
B re m e n , L e if O ve A n d s n e s , J a n in e Ja nse n u . a.
B IS /K C SACD______________________________________( 5 4 )
Vor zehn Jahren begeisterte der
damals bei uns noch unbekann-
te Klarinettist Martin Fröst mit sei-
ner umwerfend-virtuos-musikanti-
schen Version von Mozarts Konzert
KV 622. Nun also ein da capo beim
gleichen Label, jedoch unter eige-
ner Leitung mit der fantastisch auf-
spielenden Deutschen Kammerphil-
harmonie Bremen.
Konzeptionell hat sich an Frösts
Interpretation wenig geändert, aber
der gemeinsame Atem und das He-
rauskitzeln letzter Feinheiten mit
dem Orchester könnten im Vergleich
gewichtige Pluspunkte sein, wenn
die Aufnahmetechnik nicht wäre.
Was plagte die Crew, das Orches-
ter vor allem in der Mehrkanalver-
virtuosen Figuren im ersten Satz
aus op. 44,3 etwa sind keine net-
te Spielerei, sondern Ausdruck ei-
ner starken Erregung und Dring-
lichkeit. Die Musik klingt wie un-
ter Strom gesetzt, auch weil die
Aufnahme das Spiel des Ensem-
bles sehr direkt und griffig abbil-
det. Mit glühendem Ton fördern die
Streicher die nervöse Gespannt-
heit und die Schwelgerei der Mu-
sik zu Tage. Mendelssohn ist hier
ganz Romantiker und scheint die
klassischen Formen bisweilen zu
sprengen.
Neben dem feurigen Tempera-
ment und den gesanglichen Me-
lodien ist auch der Elfenzauber
ein Markenzeichen von Mendels-
sohns Klangsprache. So scheint et-
wa das Scherzo aus seinem frühen
Streichoktett von kleinen Fabelwe-
sen bevölkert zu sein. Gemeinsam
mit den Kollegen vom Quartetto di
Cremona schaffen die Mandelrings
hier eine zauberhafte Szenerie. Es
wirbelt, wispert, spukt und raschelt
an jeder Ecke. Ein starker Auftritt,
mit dem die Formation ganz klar in
Richtung Referenzaufnahme unter-
wegs ist.
Marcus Stäbler
sion in einen derart undurchsichti-
gen Klangbrei zu tauchen? In ste-
reo fällt es nicht so auf, aber auch
hier klingt die alte Aufnahme fri-
scher und präsenter. Das ist schade,
denn an sich punktet der neue Sil-
berling allein schon aufgrund seines
Programms. Das Klarinettenkonzert
gab es bis dato noch nie gekoppelt
mit dem zauberhaften Trio für Klari-
nette, Viola und Klavier KV 498 und
dem Quintettsatz B-Dur für Klarinet-
te und Streichquartett KV 516c, er-
gänzt von Robert Levin. Im nach sei-
nem Entstehungsort benannten „Ke-
gelstatt-Trio“ spielt Mozart meister-
haft mit den gedeckten Klangfarben
von Klarinette und Viola im Kontrast
zu perlender Klavierbrillanz. Antoi-
ne Tamestit und Leif Ove Andsnes
bestreiten die Dialoge mit Fröst mit
Esprit und Brillanz, desgleichen in
KV 516c ein Quartett um die her-
vorragende Geigerin Janine Jansen.
Die zu anderen Zeiten an ande-
ren Orten aufgenommenen Kam-
mermusikwerke gelangen aufnah-
metechnisch glücklicherweise ma-
kellos.
Holger Arnold
MUSIK ★
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KLANG ★ ★ V ★
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A ntonin Dvorak
CELLOKONZERTE (REVIDIERT) U. A.
S te ve n Is s e rlis , M a h le r C h a m b e r O rc h e s te r, D a n ie l
H a rd in g
H y p e r io n /N o te 1 CD
(7 8 ’ )
Eine durchglühte Interpretation des
h-Moll-Konzertes, in der sich ener-
giegeladener Zugriff und Feingefühl
wunderbar die Waage halten, in
der es keinen Augenblick von Rou-
tine gibt. Die Innigkeit des langsa-
men Satzes ist betörend, das Mah-
ler Chamber Orchester unter Dani-
el Hardings Leitung zeigt sich über-
aus motiviert. Als Extra-Tracks wer-
den die Orchesterfassung des Lie-
des „Lasst mich allein“ und der ver-
gleichsweise abrupte Schluss der
Erstfassung mitgeliefert. Zusam-
men mit dem frühen A-Dur-Konzert
in der Version von Günter Raphael
eine außergewöhnliche Dvorak-CD.
N.H.
zeigen, dass auch in diesem popu-
dest in der schlüssigen Interpreta-
MUSIK ★
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MUSIK ★
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lären Repertoiresegment noch lan-
tion des Mandelring Quartetts. Die
KLANG
KLANG ★
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142 STEREO 3/2014
★ ★ ★ ★ ★ hervorragend I ★ ★ ★ ★ sehr gut I ★ ★ ★ solide I ★ ★ problem atisch I ★ schlecht